Gesetzesentwürfe – Kanzlei Eisenbahnstraße
-- archive.php --

Das neue Staatsangehörigkeitsgesetz, das am 27. Juni 2024 in Kraft tritt, umfasst mehrere wesentliche Änderungen, die die Einbürgerung in Deutschland erleichtern und modernisieren sollen. Hier sind die wichtigsten Punkte zusammengefasst:

Verkürzte Einbürgerungsfristen:

  • Die reguläre Aufenthaltsdauer für die Einbürgerung wird von acht auf fünf Jahre reduziert.
  • Bei besonderen Integrationsleistungen, wie hervorragenden schulischen, beruflichen oder bürgerschaftlichen Leistungen und Deutschkenntnissen auf dem Niveau C1, kann die Aufenthaltsdauer auf drei Jahre verkürzt werden.

Mehrstaatigkeit:

  • Zukünftig ist es generell erlaubt, die bisherige Staatsangehörigkeit bei der Einbürgerung zu behalten, ohne eine spezielle Genehmigung dafür zu benötigen.

Automatische Staatsangehörigkeit für in Deutschland geborene Kinder:

  • Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren werden, erhalten automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt.

Erleichterungen für die Gastarbeitergeneration:

  • Für ehemalige Gastarbeiter und DDR-Vertragsarbeiter genügt künftig der Nachweis mündlicher Deutschkenntnisse für die Einbürgerung, und ein Einbürgerungstest ist nicht mehr erforderlich.

Anpassungen bei der Lebensunterhaltssicherung:

  • Strengere Anforderungen für Geringverdiener, Minijobber, ältere Menschen und Kranke. Es gibt jedoch Ausnahmen, beispielsweise für ehemalige Gastarbeiter, die die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nicht zu vertreten haben.

Schutz jüdischen Lebens:

  • Neu eingeführt wird das ausdrückliche Bekenntnis zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihren Folgen, insbesondere zum Schutz jüdischen Lebens. Dieses Bekenntnis ist nun eine Grundvoraussetzung für die Einbürgerung.

Diese Reformen sollen die Integration von Ausländern fördern und das Staatsangehörigkeitsrecht an die gesellschaftlichen Realitäten anpassen. Sie sind auch eine Reaktion auf aktuelle gesellschaftliche und historische Anforderungen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes jüdischen Lebens in Deutschland.

Das Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionsrechts – Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt reformiert erhebliche Teile des Strafgesetzbuches sowie der Strafprozessordnung. Ursprünglich sollte es zum 1.10.2023 in Kraft treten, verzögert sich aber wohl auf Grund von IT-Problemen der Bundesländer (https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ersatzfreiheitsstrafe-bundestag-buschmann-haft-gefaengnis-erschleichen-schwarzrfahren-halbieren-tagessatz/)

Das Gesetz bringt nicht nur durch die Halbierung der Ersatzfreiheitsstrafe erhebliche Neuerungen. Die Strafgewalt der deutschen Justiz bezieht sich im Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Zwangsheirat, Schwangerschaftsabbruch und schwerer Körperverletzung nunmehr nicht mehr nur auf Täter mit deutscher Staatsangehörigkeit, sondern auch auf Täter die ihre Lebensgrundlage in Deutschland haben. Außerdem muss bei der Verhängung einer Geldstrafe nunmehr dem Täter das absolute Minimum einer Lebensgrundlage verbleiben. Hierbei bleibt abzuwarten, welches Existenzminimum Gerichte annehmen werden. Ob es sich dabei um den Satz des Bürgergeldes oder das vom Bundesverfassungsgericht festgelegte Existenzminimum handeln wird, bleibt wohl Auseinandersetzungen zwischen Verteidigung und Gericht/Staatsanwaltschaft vorbehalten. In der Strafzumessung wird zukünftig strafschärfend zu berücksichtigen sein, wenn sich Taten gegen die sexuelle Orientierung des Opfers richten. Im Rahmen von Auslagen und Weisungen können Gerichte ab sofort ausdrücklich auch Maßnahmen der Psychotherapie anweisen. Auch die gemeinnützige Arbeit statt Geldauflagen bzw. Umwandlung von Geldauflagen in gemeinnützige Arbeit wird erweitert und konkretisiert. Insgesamt kann das neue Gesetz bei engagierter Verteidigung Möglichkeiten eröffnen, Menschen aus einkommensschwachen oder prekären Verhältnissen freiheitsentziehende Maßnahmen zu vermeiden.