- 25-30 Gramm Cannabis an einem Ort besitzen, der nicht der Wohnort oder Ort des gewöhnlichen Aufenthalts ist oder 50-60 Gramm überhaupt besitzen
- Cannabis im militärischen Bereich besitzen oder anbauen
- Cannabissamen einführen
- Cannabis an einem Ort konsumieren, an dem es verboten ist
- Für Cannabis oder eine Anbauvereinigung Werbung machen oder diese sponsern
- Cannabis oder Vermehrungsmaterial nicht oder nicht richtig vor Zugriff Dritter schützen
- Eine Mitteilung im Erlaubnisverfahren für eine Anbauvereinigung nicht, falsch, unvollständig oder nicht rechtzeitig zu machen
- Auflagen für eine Anbauvereinigung nicht erfüllen
- Mitglied in mehreren Anbauvereinigungen sein
- Mitglieder anderer Anbauvereinigung aufnehmen
- Selbstauskünfte der Mitglieder einer Anbauvereinigung nicht aufbewahren
- Beschäftigte oder Nichtmitglieder einer Anbauvereinigung unmittelbar mit dem Anbau oder der Weitergabe von Cannabis beauftragen
- Nichtweitergabefähiges Cannabis oder Vermehrungsmaterial nicht, unvollständig oder zu spät zu vernichten
- Keine Alters- und/oder Mitgliedskontrolle bei Weitergabe von Cannabis vornimmt
- Cannabis versenden oder liefern
- Wohnort bzw. gewöhnlichen Aufenthalt bei Weitergabe von Vermehrungsmaterial nicht kontrollieren
- Weitergabe von Samen oder Stecklingen
- Versenden oder Liefern von Stecklingen
- Weitergabe von vermengtem, vermischtem oder verbundenem Cannabis
- Weitergabe von Tabak, Nikotin, Lebensmittel, Futtermitteln oder sonstigen Zusätzen
- Weitergabe von Cannabis oder Vermehrungsmaterial in einer unzulässigen Verpackung oder ohne vollständigen Informationszettel
Autor: Maik Elster
VG Dresden, Urteil vom 11.11.2021, Az.: 6 K 315/21
Die Klage gegen die Identitätsfeststellung der Klägerin am 7. November 2020 im Hauptbahnhof Leipzig war zulässig und begründet. Das Gericht entschied, dass diese Maßnahme rechtswidrig war und die Klägerin in ihren Rechten verletzte. Die Identitätsfeststellung war nicht durch die rechtlichen Voraussetzungen gedeckt, da keine konkreten Tatsachen vorlagen, die eine solche Maßnahme rechtfertigten. Die Klägerin hatte ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme, insbesondere zur Vermeidung einer Wiederholung und zur möglichen Geltendmachung von Ansprüchen. Die Klage war als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, da der Verwaltungsakt sich erledigt hatte, jedoch ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit bestand. Das Gericht stützte sich auf § 113 Abs. 1 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), wonach das Gericht auf Antrag feststellen kann, dass ein erledigter Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist. Die Identitätsfeststellung hatte die Klägerin auch in ihrer Berufsausübung und ihrer Pressefreiheit beeinträchtigt, was ebenfalls zur Feststellung der Rechtswidrigkeit beitrug.
Das Gericht legte seiner Entscheidung folgenden Lebenssachverhalt zugrunde:
Am 07.11.2020 fand in Leipzig auf dem Augustusplatz und angrenzenden Flächen eine Versammlung von „Querdenkern“ statt, deren Teilnehmer sich gegen die Maßnahmen wandten, angesichts der Corona-Pandemie getroffen worden waren. Die Kundgebung sollte um 13.00 Uhr beginnen. Zu der Versammlung reisten die Teilnehmer auch per Bahn an. Diese trafen sich gegen 12.00 Uhr auf dem Querbahnsteig in der Haupthalle (Obergeschoss) des Hauptbahnhofs, um sich von dort aus zur Versammlung zu begeben.
Die Klägerin ist Journalistin. Sie befand sich mit mehreren weiteren Journalisten am östlichen Rolltreppenabgang der Haupthalle, um die Anreise der Demonstrationsteilnehmer journalistisch zu begleiten und photographisch festzuhalten. Als sich die Demonstrationsteilnehmer gegen 12.40 Uhr in Richtung des Augustusplatzes in Bewegung setzten, trafen die Beamten der Bundespolizei der Beklagten an die Gruppe der Journalisten heran, in der sich auch die Klägerin befand.
Die Beamten teilten den Journalisten nach Vortrag der Klägerin mit, dass es ohne Genehmigung nicht erlaubt sei, im Hauptbahnhof zu fotografieren und forderten sie auf, sich auszuweisen. Sie, die Klägerin, sei dieser Aufforderung nachgekommen, indem sie ihren Presseausweis und ihren Personalausweis vorgezeigt habe. Die Beamten der Beklagten hätten darauf bestanden, ihren Ausweis so lange vorzuzeigen, dass die Daten des Presseausweises aufgenommen werden können. Sie habe geäußert, dass sie das Verlangen für rechtswidrig halte. Daraufhin seien die Beamten laut geworden und hätten angedroht, andere Maßnahmen zu ergreifen, falls sie sich weigern würde, ihre Daten preiszugeben. Sie habe sich durch das Hinzutreten weiterer Beamter erheblich eingeschüchtert gefühlt und ihre Daten unter Widerspruch preisgegeben. Weitere Gründe für die Identitätsfeststellung seien ihr nicht genannt worden. Die Maßnahme habe bis ca. 13.10. Uhr angedauert. In dieser Zeit habe sie nicht journalistisch arbeiten können. Ihr sei im Zeitraum der Maßnahme der Identitätsfeststellung die Anfertigung von Photographien untersagt worden. Ihr sei auch versagt worden, den Ort der Maßnahme zu verlassen, um wie gewünscht zum Augustusplatz zu gehen.
Hier gegen haben wir zusammen mit unserer Mandantin erfolgreich Klage erhoben.
Das Gericht führt in seiner Entscheidungsbegründung aus:
Die zulässige Klage ist auch begründet. Die Feststellung der Identität der Klägerin am 7. November 2020 im Hauptbahnhof Leipzig war rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Danach spricht das Verwaltungsgericht auf Antrag durch Urteil aus, dass ein bereits vor Erhebung der Klage erledigter Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist (vgl. näher Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 262 und W.-R. Schenke/R. P. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 113 Rn. 99), wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Der angefochtene Verwaltungsakt hat sich erledigt, weil die gegenüber der Klägerin erfolgte Anordnung der Identitätsfeststellung durchgeführt worden ist, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
Die Klägerin kann sich auch auf ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 16. Mai 2013 – 8 C 15.12 -, juris Rn. 32; Urt. v. 16 Mai 2013 – 8 C 20.12 -, juris Rn. 23 ff.) verlangt effektiver Rechtsschutz, dass ein Betroffener ihm belastende Eingriffsmaßnahmen in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen lassen kann. Solange er durch den Verwaltungsakt beschwert ist, stehen ihm die Anfechtung- und die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zur Verfügung. Erledigt sich der Verwaltungsakt durch Wegfall der Beschwer, wird nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO Rechtsschutz gewährt, wenn der Betroffene daran ein berechtigtes rechtliches, ideelles oder wirtschaftliches Interesse hat. Ein seinem Begehren stattgebendes Urteil muss geeignet sein, die Position des Betroffenen zu verbessern. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn eine konkrete Wiederholungsgefahr oder ein Rehabilitationsinteresse besteht, wenn die Klärung der Rechtswidrigkeit mit Blick auf eine beabsichtigten Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozess erfolgen soll oder wenn wesentliche Grundrechtspositionen beeinträchtigt worden sind (vgl. Wolff a.a.O., Rn. 268 m.w.N.).
Die Klägerin hat jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der möglichen Beeinträchtigung wesentliche Grundrechtspositionen ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Identitätsfeststellung. In diesen Fällen ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach Art. 19 Abs. 4 GG zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre. Davon ist nur bei Maßnahmen auszugehen, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend ist dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16. Mai 2013 jeweils a.a.O.; SächsOVG, Urt. v. 19. Mai 2016 – 3 A 194/15 -, juris Rn. 17). Dies ist hier bei der hier in Rede stehenden Identitätsfeststellung der Fall. Die Klägerin konnte sich während der Maßnahme weder vom Ort ihrer Durchführung entfernen noch ihrem Beruf nachgehen, so dass sie möglicherweise in ihren Grundrechten der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt worden ist. Ob darüber hinaus ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse auch wegen der von der Klägerin angeführten Gründen der Wiederholungsgefahr und der Rehabilitierung vorliegt, kann daher dahinstehen.
Die Klage ist begründet. Die Identitätsfeststellung gegenüber der Klägerin war rechtswidrig und hat sie in ihren Rechten verletzt.
Gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 4 BPolG kann die Bundespolizei die Identität einer Person feststellen, wenn sich diese in einer Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist. Unter Identitätsfeststellung wird die Erhebung und Überprüfung derjenigen Personalien einer Person verstanden, aus denen sich die Identität des Betroffenen ergibt. Zielrichtung der Maßnahme muss also die Identifizierung sein. Ausreichend dafür ist grundsätzlich die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes. Anlagen oder Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, auf deren Gebiet bzw. in denen die Bundespolizei nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BPolG die Aufgabe hat, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren, die den Benutzern, den Anlagen oder dem Betrieb der Bahn drohen, sind u.a. Grundstücke und Bauwerke einer Eisenbahn und damit u.a. Bahnhofsgebäude (vgl. § 4 Abs. 1 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung).
Die Straftaten, deren Begehung angenommen wird und wegen derer eine Identitätsfeststellung erfolgt, müssen objektbezogen sein. Straftaten, bei denen es an dem in § 23 Abs. 1 Nr. 4 BPolG geforderten örtlichen Bezug fehlt, werden von der Norm nicht erfasst. Die Straftaten müssen also entweder die geschützten Objekte selbst oder die darin befindlichen Personen zum Ziel haben. Eine Beschränkung auf erhebliche Straftaten sieht die Vorschrift nicht vor, so dass ohne Belang ist, auf welcher Erkenntnisquelle die Tatsachen beruhen, die die Annahme der Begehung von Straftaten rechtfertigen. Diese Tatsachen brauchen auch noch keine konkrete Gefahr zu begründen; allerdings genügen allgemeine Vermutungen, die nicht durch entsprechende Tatsachen belegbar sind, noch nicht (Wolf-Rüdiger Schenke, in: Schenke/Graulich/Ruthig, 2. Aufl. 2018, BPolG § 23 Rn. 18; Drewes, in: Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Aufl. 2015, § 23 Rn. 22 ff.; Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, F 385). Ebenso wenig reicht eine generell erhöhte Kriminalität an den von der Vorschrift genannten gefährdeten Orten aus, um Identitätsfeststellungen zu gestatten. § 23 Abs. 1 Nr. 4 BPolG verzichtet auf eine Anknüpfung an die Störereigenschaft (OVG NRW, Urt. v. 7. August 2018 – 5 A 294/16 -, juris Rn. 80) und unterscheidet auch nicht zwischen Störern und Nichtstörern, so dass grundsätzlich jede Person polizeilich überprüft werden darf, die sich im Bereich einer Bahnanlage aufhält. Die Identitätsfeststellungen dürfen sich allerdings nicht anlasslos gegen jedermann richten, weil die Bundespolizei nach § 3 Abs. 1 BPolG die Aufgabe der Gefahrenabwehr nur zum Schutz der Benutzer, der Anlagen oder des Betriebs der Bahn hat (vgl. Malmberg, in: Drewes/Malmberg/Walter a.a.O. § 3 Rn. 20; Rachor a.a.O. F 386). Wenn erkennbar ist, dass bestimmte Personen als Straftäter nicht in Betracht kommen, ist eine Identitätsfeststellung unzulässig, weil sie den Gesetzeszweck verfehlt (Rachor a.a.O. F 387). Identitätsfeststellungen haben sich somit primär gegen die Personen zu richten, in Bezug auf die Anhaltspunkte für eine von diesen ausgehende Gefährdung bestehen. Gegen andere Personen können sich die Maßnahmen richten, die sich an den in § 23 Abs. 1 Nr. 4 BPolG genannten Objekten oder in deren unmittelbarer Nähe aufhalten, jedoch nur, soweit dies auf Grund der Gefährdungslage erforderlich ist (Schenke a.a.O. Rn. 19).
Hiervon ausgehend lagen die Voraussetzungen für eine Identitätsfeststellung bei der Klägerin nicht vor.
Sie hat zwar im Leipziger Hauptbahnhof, einer Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes, aufgehalten. Der Bahnhof wird von der DB Station & Service AG betrieben. Diese Gesellschaft betreibt die Verkehrsstationen am Streckennetz der DB Netz AG und ist ein Tochterunternehmen der bundeseigenen Deutsche Bahn AG.
Es lag auch die in § 23 Abs. 1 Nr. 4 BPolG vorausgesetzte Gefahrenlage vor. Nach der Lagebeurteilung der Beklagten war im Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen am 7. November 2021 allgemein mit Straftaten gegen Bahnanlagen und -einrichtungen sowie gegen Benutzer der Bahn zu rechnen. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Anforderungen von Einsatzkräften der Bundespolizeiinspektion Leipzig vom 3. November 2020 sowie dem Einsatzbefehl vom 5. November 2020 war für den 7. November 2020 eine Großkundgebung mit anschließendem Aufzug über den Innenring in Leipzig, beginnen und endend am Augustusplatz, mit einer Teilnehmerzahl von 20.000 Personen vorgesehen. Zudem waren zahlreiche Gegenkundgebungen angezeigt. Die Anlasskundgebung richtete sich gegen die Covid-19-Schutzmaßnahmen der Bundesregierung. Nach den vorgenannten Feststellungen der Bundespolizei sei mit einem hohen regionalen und überregionalen Zulauf aus verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen zu rechnen. Diese kämen u.a. aus dem Spektrum rechter Parteien und Bewegungen sowie aus dem Fussballfanmilieu und seine teilweise ausgeprägt „erlebnisorientiert“ (d.h. bewusst die Konfrontation mit Andersdenkenden oder Polizei- und Ordnungskräften suchend). Gegen diese Versammlung habe sich regional und überregional massiver Widerstand formiert. Dabei werde u.a. auch dazu aufgerufen, bereits die Anreise zur Versammlung zu stören oder zu verhindern. Da Anreisen mit Bussen nach der geltenden Sächsischen Coronaschutzverordnung untersagt seien, sei mit Anreisen u.a. mit der Bahn zu rechnen. Diese würden über den Hauptbahnhof und die Haltepunkte Markt und Wilhelm-Leuschner-Platz erfolgen. Es müsse deshalb vermehrt mit Störungen und Straftaten gegen Personen der unterschiedlichen Gruppierungen bereits bei der Anreise sowie gegen Bahneinrichtungen gerechnet werden. Die Lage sei derjenigen im Januar 2016 vergleichbar, bei der es anlässlich von LEGIDA-Demonstrationen zu Brandanschlägen auf die Infrastruktur der Bahn gekommen sei.
Diese Gefahrenlage für Bahneinrichtungen und -benutzer, die von der Klägerin nicht infrage gestellt worden ist, war jedoch nicht geeignet, bei ihr eine Identitätsfeststellung zu rechtfertigen.
In Bezug auf die Klägerin lagen – unstreitig – keine Tatsachen vor, die die Annahme hätten rechtfertigen können, sie werde Straftaten gegen den Hauptbahnhof, diesem zugehörige Anlagen oder sonstige Anlagen der Bahn begehen. Gleiches gilt auch in Bezug auf die übrigen Berufskollegen der Klägerin, die mit dieser gemeinsam die Anreise von Demonstrationsteilnehmern journalistisch begleitet und dokumentiert haben.
Es lagen auch keine Tatsachen vor, die die Annahme hätten rechtfertigen können, die Klägerin werde Straftaten in Bezug auf anreisende Demonstrationsteilnehmer als Benutzer von Bahneinrichtungen begehen oder vorbereiten. Solche Tatsachen folgen zur Überzeugung der Kammer und nach den konkreten Umständen des Einzelfalls sowie in Würdigung auch der Zeugenaussagen nicht aus dem konkreten Verhalten der Klägerin gegenüber den Demonstrationsteilnehmern und gegenüber den beteiligten Bundespolizisten. Die Kammer konnte sich nicht die Überzeugung bilden, die Klägerin habe die Demonstrationsteilnehmer – für diese wahrnehmbar – als „Faschos“ bezeichnet, was ggf. den Tatbestand einer Beleidigung (§ 185 StGB) erfüllt hätte. Die Klägerin selbst hat Derartiges in Abrede gestellt. Die Zeugen haben in Bezug auf die Klägerin nicht bestätigen können, dass und ggf. wie sie sich gegenüber Demonstrationsteilnehmern geäußert hat. Entsprechendes gilt in Bezug auf die Bezeichnung der beteiligten Bundespolizisten als „Faschobullen“. Die Zeugin (…) hat zwar bestätigt, dass aus den Reihen der Journalisten dieser Ausdruck gefallen ist, ohne diesen indes einer einzelnen Person oder gar der Klägerin zuordnen zu können. Die Kammer kann zwar nicht gänzlich ausschließen, dass sich die Klägerin in dieser Weise gegenüber Demonstrationsteilnehmern oder Polizeikräften in einer von allen Beteiligten als dynamisch und angespannt geschilderten Situation geäußert hat. Sie hält dies allerdings für eher wenig wahrscheinlich. Der Zeuge (…) hat die Klägerin als eher zurückhaltend und unauffällig charakterisiert, was mit dem persönlichen Eindruck von der Klägerin übereinstimmt, den die Kammer von ihr in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat. Die Kammer schließt daraus, dass sich die Klägerin in der konkreten Situation wohl nicht verbal exponiert hat. Es kommt hinzu, dass sie ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge Videoaufnahmen gefertigt hat und daher mit einiger Wahrscheinlichkeit entsprechende Bemerkungen auf dem Videomaterial auch zu hören gewesen sein dürften, woran die Klägerin mutmaßlich kein Interesse gehabt haben dürfte. Im Übrigen sind – soweit der Kammer bekannt – wegen etwaiger Beleidigungen aus dem Kreis der Journalisten weder gegen die Klägerin noch gegen andere Journalisten Strafverfahren eingeleitet bzw. Strafanträge gestellt worden, was zumindest ein gewichtiges Indiz dafür ist, dass ein Zuordnung etwaiger Beleidigungen zu einzelnen Personen nicht möglich war. Ferner hätte die Beklagte, wenn es zu Beleidigungen zu Lasten ihrer Bediensteten oder von Dritten gekommen wäre, eine Identitätsfeststellung zulässigerweise auf der Grundlage von § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BPolG i.V.m. § 163 Abs. 1 StPO stützen können, was sie nicht getan hat. Ein rein präventives Tätigwerden auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 Nr. 4 BPolG wäre dann nicht mehr zulässig gewesen. Diese Norm berechtigt nur zur Identitätsfeststellung bei der Befürchtung, es würden künftige Straftaten begangen, was sich aus ihrem Wortlaut („werden sollen“) ergibt. Gegen das Vorliegen von Straftaten spricht indiziell auch der Umstand, dass die Beklagte ihren Angaben zufolge ihre eignen polizeilichen Videoaufnahmen, die möglicherweise Auskunft über etwaige Straftaten hätte geben können, 30 Tage nach ihrer Erstellung gelöscht hat, weil deren weitere Speicherung nur bei strafprozessualer Veranlassung zulässig gewesen sei, die aber nicht vorgelegen habe. Allgemein berechtigt eine präventive Identitätsfeststellung nicht dazu, auf ein in Entstehung begriffenes Demonstrationsgeschehen deeskalierend einzuwirken, was die Beklagte als Motivation für ihr Tätigwerden angeführt hat. Dies gilt erst recht in der hier gegebenen Situation, bei der die Identitätsfeststellung erst durchgeführt wurde, als die versammelten Demontrationsteilnehmer den Hauptbahnhof verlassen und sich zum Kundgebungsort auf dem dafür vorgesehenen Augustusplatz (vgl. dazu SächsOVG, Beschl. v. 7. November 2020 – 6 B 368/20 -, juris Rn. 14) begeben haben und eine Identitätsfeststellung offenbar nicht mehr erforderlich war.
Auch die Erwägungen der Beklagten zum Kunsturheberrechtsgesetz rechtfertigten die Identitätsfeststellung der Klägerin nicht. Das bloße Anfertigen von Photo- und Videoaufnahmen von Kundgebungsteilnehmern nach dem Kunsturhebergesetz ist nicht strafbar. Nach § 22 Satz 1 KunstUrhG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Einer Einwilligung für eine Zurschaustellung oder Verbreitung bedarf es nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG u.a. nicht, wenn es sich um Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen handelt, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben, soweit nicht berechtigte Interessen der Abgebildeten dem gemäß § 23 Abs. 2 KunstUrhG entgegenstehen. Die Verbreitung oder Zurschaustellung von Bildnissen entgegen diesen Regelungen ist nach § 33 KunstUrhG strafbar, wobei die Tat nur auf Antrag verfolgt wird. Eine unzulässige Verbreitung oder Zurschaustellung und damit die Erfüllung eines Straftatbestandes kann indes nur dann angenommen werden, wenn hierfür konkrete Anhaltspunkte vorliegen, wofür die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind. Fehlen solche Anhaltspunkte, kann nicht allgemein angenommen werden, dass im Sinne von §§ 22, 23 KunstUrhG unzulässige Lichtbilder stets auch verbreitet werden (BVerwG, Urt. v. 14. Juli 1999 – 6 C 7.98 -, juris Rn. 27 f. m.w.N. = BVerwGE 109, 203; Nds. OVG Beschl. v. 19. Juni 2013 – 11 LA 1/13 -, juris Rn. 9; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10. Juli 2000 – 1 S 2219/99 -, juris, LS).
Es lagen hier keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin, die nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung keine Porträtaufnahmen gefertigt hat, ihre Videoaufnahmen widerrechtlich und in strafbarer Weise hat veröffentlichen wollen. Die Beklagte hat solche Anhaltspunkte nicht benennen können, sondern lediglich vermutet, die Klägerin werde Bildnisse in unzulässiger Weise verbreiten. Diese Vermutung kann auch nicht auf den Umstand gestützt werden, dass die Klägerin von den Bediensteten der Beklagten als Journalistin erkannt worden ist und daher die Vermutung nahegelegen hat, sie werde ihre Aufnahmen zum Zwecke der Veröffentlichungen anfertigen. Denn es ist anzunehmen, dass Photojournalisten die rechtlichen Grenzen bekannt sind, unter denen nach dem Kunsturheberrechtsgesetz Bildnisse zulässigerweise veröffentlicht werden dürfen, so dass gerade bei Angehörigen dieses Berufes besondere Umsicht im Umgang mit Veröffentlichungen von Photomaterial angenommen und erwartet werden kann (vgl. Rachor a.a.O. F 752 m.w.N.). Etwaige Hinweise darauf, die Klägerin werde dennoch Bildnisse in unzulässiger Weise veröffentlichen oder verbreiten, sind von der Beklagten nicht vorgetragen worden; sie sind auch sonst nicht ersichtlich.
Die Identitätsfeststellung war auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 Nr. 4 BPolG auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer fehlenden Berechtigung der Klägerin zum professionellen Photografieren im Bereich des Hauptbahnhofs zulässig. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin dadurch Straftaten gegen den Hausrechtsinhaber begangen hätte – was zu einer Identitätsfeststellung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BPolG i.V.m. § 163 Abs. 1 StPO hätte Anlass geben können – oder dass mit solchen Straftaten hätte gerechnet werden können.
Die DB Station & Service AG hätte im Übrigen als Betreiberin des Hauptbahnhofs, der in wesentlichen Bereichen als Ort allgemeinen kommunikativen Verkehrs ausgestaltet und insoweit allgemein zugänglich ist, das professionelle Photografieren einer im Entstehen begriffenen Demonstration auch unter Berufung auf ihr Hausrecht nicht untersagen können.
In dem Maße, in dem die Demontrationsteilnehmer bereits das Grundrecht der Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 Abs. 1 GG für sich in Anspruch haben nehmen können (vgl. Hettich, Versammlungsrecht, 2. Aufl. 2018, Rn. 20 m.w.N.) und die Hausrechtsinhaberin dies kraft ihrer Grundrechtsbindung grundsätzlich hinzunehmen hatte (vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 22. Februar 2011 – 1 BvR 699/06 -, juris Rn. 46 ff., 71, 76 ff. = BVerfGE 128, 226 – Fraport), war sie auch verpflichtet, das professionelle Fotografieren des Demonstrationsgeschehens im Hauptbahnhof durch die Klägerin als Trägerin der Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, vgl. BVerfG, Beschl. v. 13. Januar 1988 – 1 BvR 1548/82 -, juris Rn. 24 = BVerfGE 77, 346) und der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) zu dulden bzw. zu gestatten. Soweit die Beklagte daher eine Identitätskontrolle der Klägerin zur Abwehr einer Gefahr- oder einer Anscheinsgefahr – bzw. zum Schutz privater Rechte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 5 BPolG durchgeführt hätte, wären sie bereist aus diesem Grund einer rechtlichen Fehleinschätzung unterlegen, und zwar unabhängig davon, dass bereits fraglich ist, ob durch das von der Beklagten – nachvollziehbar – als aufdringlich geschilderte Fotografieren bzw. Videographieren eine Gefahrenlage oder auch nur eine Anscheinsgefahr i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 BPolG herbeigeführt worden war.
Durch die nach den unterschiedlichen Angaben der Beteiligten zwischen 20 und 30 Minuten andauernde Identitätsfeststellung u.a. der Klägerin hat die Beklagte in gewichtiger Weise in die Grundrechte der Klägerin eingegriffen. Die Maßnahme verletzte sie in ihrer Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG.
Beeinträchtigung der Berufsfreiheit können sich in erster Linie durch Regelungen oder Maßnahmen ergeben, die sich final auf die berufliche Betätigung beziehen und sie unmittelbar zum Gegenstand haben (Mann, in: Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 93). Dies war hier nicht der Fall, denn die Identitätsfeststellung zielte nicht darauf ab, die Arbeit der Klägerin zu behindern oder gar zu verhindern. Allerdings können neben finalen Eingriffen in die Berufsfreiheit auch andere, nicht unmittelbar auf die berufliche Betätigung abzielende Maßnahmen infolge ihrer spürbaren tatsächlichen Auswirkungen geeignet sein, den Schutzbereich des Art. 12 GG mittelbar erheblich zu beeinträchtigen (Mann, a.a.O. Rn. 94). Voraussetzung für die Anerkennung von faktischen Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit ist allerdings ein enger Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs und die Erkennbarkeit einer objektiv berufsregelnden Tendenz oder dass die staatliche Maßnahme als nicht bezweckte, aber doch vorhersehbare und letztlich auch in Kauf genommene Nebenfolge eine schwerwiegende Beeinträchtigung der beruflichen Betätigung bewirkt (Mann, a.a.O. Rn. 95; vgl. SächsOVG, Urt. v. 19. Mai 2016 – 3 A 194/15 -, juris Rn. 20 f. juris).
Diese Voraussetzungen haben hier vorgelegen. Auch wenn die Identitätsfeststellung in erster Linie das Ziel verfolgt hat, eine Konfrontation zwischen Journalisten und Demonstrationsteilnehmern aufzulösen bzw. zu verhindern, hat sich die Maßnahme vorhersehbar auf die weitere Arbeit auch der Klägerin ausgewirkt. Es muss auch für die Beklagte auf der Hand gelegen haben, dass die Journalisten und mit ihnen die Klägerin nicht lediglich die Anreise von Demonstrationsteilnehmern über den Hauptbahnhof journalistisch haben begleiten und dokumentieren wollen, sondern – diesen folgend – auch das weitere Demonstrationsgeschehen am 7. November 2020. Die Beklagte hat es somit in Kauf genommen, dass u.a. die Klägerin ihrer Berufstätigkeit für eine beachtliche Zeit nicht nachgehen konnte, während bzw. nachdem die Demonstrationsteilnehmer den Hauptbahnhof verlassen haben, ohne dass – wie dargelegt – die Voraussetzungen für die Identitätsfeststellungen vorgelegen haben.
Darüber hinaus hat die Beklagte durch die Identitätsfeststellung auch das Grundrecht der Rundfunk- und Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt. Mit diesem Grundrecht werden Rundfunk und Presse über die Meinungsäußerungsfreiheit hinaus in ihrer institutionellen Eigenständigkeit geschützt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6. November 2019 – 1 BvR 16/13 -, juris Rn. 94 = BVerfGE 152, 152). An diesem Grundrechtsschutz nehmen auch Journalisten als Produzenten von Rundfunk- und Presseerzeugnissen teil (BVerfG, Beschl. v. 13. Januar 1988 – 1 BvR 1548/82 -, juris Rn. 24). Zwar hat sich die Identitätsfeststellung hier nicht gegen Rundfunk- und Presseerzeugnisse als solche gerichtet, was wegen der Polizeifestigkeit des Grundrechts unzulässig wäre (vgl. OVG Brandenburg, Beschl. v. 18. März 1997 – 4 B 4/97 -, juris Rn. 4 = NJW 1997, 1387 m.w.N.). Eine unzulässige Einschränkung des Grundrechts durch die in Art. 5 Abs. 2 GG genannten allgemeinen Gesetze, die sich nicht gegen die Meinungsfreiheit oder die Freiheit von Presse und Rundfunk an sich richten, sondern dem Schutz eines in der Rechtsordnung allgemein geschützten Rechtsguts dienen, kann aber vorliegen, wenn bei Anwendung dieses Gesetzes eine Güterabwägung den Schutzgehalt von Art. 5 Abs. 1 GG außer Acht lässt (vgl. BVerfG, Urt. v. 27. Februar 2007 – 1 BvR 538/06 -, juris Rn. 47 = BVerfGE 117, 244). Davon ist hier auszugehen; zur Begründung wird auf die vorstehenden Ausführungen zur Verletzung des Grundrechts der Berufsfreiheit verwiesen.“
- Konsum in Anwesenheit von Kindern und Jugendlichen
- Konsum in Schulen und in Sichtweite von Schulen
- Konsum auf Kinderspielplätzen und in Sichtweite von Kinderspielplätzen
- Konsum in Kinder- und Jugendeinrichtungen und in Sichtweite von diesen
- Konsum in öffentlich zugänglichen Sportstätten und in deren Sichtweite
- Konsum in Fußgängerzonen zwischen 7 Uhr und 20 Uhr
- Konsum innerhalb des Geländes von Anbauvereinigungen und in deren Sichtweite
Die Tilgung einer Verurteilung wegen unerlaubtem Umgang mit Cannabis ist möglich, wenn das geltende Recht keine Strafe mehr dafür vorsieht oder es sich nur noch um eine Ordnungswidrigkeit handelt.
Dies gilt auch wenn mit anderen Verurteilungen eine Gesamtstrafe gebildet worden ist.
Ausreichend ist ein Antrag bei der Staatsanwaltschaft, die Tilgungsfähigkeit festzustellen.
Die Voraussetzungen für die Tilgung müssen lediglich glaubhaft gemacht werden.
Die Tilgung muss die Staatsanwaltschaft dann bei der Registerbehörde bewirken.
Gern beraten wir Sie/Euch dazu.
Nur für Volljährige.
Nur Zuhause; nicht im Kleingarten.
Die Anbaufläche sowie die Ernte müssen vor Zugriffen Dritter geschützt sein.
Kinder und Jugendliche die im Haushalt leben dürfen keinen Zugriff auf das Cannabis haben.
Maximal 3 Pflanzen.
Das Cannabisgesetz (CanG), das am 1. April 2024 in Kraft trat, führte umfangreiche Änderungen in der deutschen Strafprozessordnung (StPO) ein. Hier sind einige der bedeutendsten Änderungen:
- Erweiterung der Straftatbestände: Schwerwiegende Verstöße gegen das Konsumcannabisgesetz (KCanG) und das Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) werden als Katalogtaten in die Paragraphen §§ 100a Abs. 2 und 100b Abs. 2 der StPO aufgenommen. Zudem wird der Katalog des § 112a StPO um Haftgründe der Wiederholungsgefahr für besonders schwere Fälle und Qualifikationstatbestände aus dem KCanG und MedCanG ergänzt.
- Änderungen bezüglich der Telekommunikationsüberwachung: Die Regelungen zur Telekommunikationsüberwachung werden präzisiert und angepasst, um die technische Entwicklung und die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen durch das CanG zu berücksichtigen. Dies umfasst Anpassungen in § 100j Abs. 1 S. 3, § 104 Abs. 2 und § 443 Abs. 1 S. 1 der StPO.
- Anpassung an neue Cannabisgesetze: Der Verweis auf Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in § 74a Abs. 1 Nr. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) wird erweitert, um Straftaten nach dem KCanG und MedCanG einzuschließen. Dies dient dazu, die Zuständigkeit der allgemeinen Strafkammern auch bei tateinheitlicher Begehung solcher Straftaten neben Organisationsdelikten zu gewährleisten.
Diese Änderungen in der StPO und im GVG reflektieren den rechtlichen Rahmen, der durch die Legalisierung bestimmter Formen des Cannabiskonsums und -anbaus nach dem neuen CanG geschaffen wurde.
Das Cannabisgesetz (CanG), welches in Deutschland verabschiedet wurde, führte zu bedeutenden Änderungen im Umgang mit Cannabis. Hier sind die Hauptpunkte zusammengefasst:
- Eigenanbau und Anbauvereinigungen: Das Gesetz legalisiert den privaten Eigenanbau von Cannabis durch Erwachsene für den Eigenkonsum sowie den gemeinschaftlichen, nicht-gewerblichen Eigenanbau in Anbauvereinigungen. Diese Änderungen traten in zwei Phasen in Kraft: Die Regelungen, abgesehen von denen zu Anbauvereinigungen, sind seit dem 1. April 2024 aktiv, während die Bestimmungen für Anbauvereinigungen am 1. Juli 2024 in Kraft treten.
- Besitzgrenzen: Erwachsene dürfen nun bis zu 50 Gramm Cannabis für den privaten Gebrauch besitzen. Im öffentlichen Raum ist der Besitz auf bis zu 25 Gramm beschränkt.
- Privater Eigenanbau: Privatpersonen ist es erlaubt, bis zu drei Cannabispflanzen zum Eigenkonsum anzubauen. Dabei muss jedoch sichergestellt werden, dass Kinder und Jugendliche keinen Zugang zu den Pflanzen haben.
- Nichtgewerbliche Anbauvereinigungen: Diese Vereinigungen dürfen Cannabis anbauen und an ihre Mitglieder für den Eigenkonsum weitergeben, wobei strenge Vorschriften zu beachten sind. Dazu gehören eine Mitgliederbegrenzung auf maximal 500 Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben müssen, sowie Limitierungen der weitergegebenen Cannabis-Mengen.
- Begrenzte Ausgabe von Cannabis: An Mitglieder von Anbauvereinigungen dürfen maximal 25 Gramm pro Tag oder 50 Gramm pro Monat abgegeben werden. Für Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren gilt eine monatliche Höchstmenge von 30 Gramm mit einem begrenzten THC-Gehalt von zehn Prozent.
- Ziele des Gesetzes: Mit der Legalisierung verfolgt die Bundesregierung mehrere Ziele, darunter die Verbesserung des Gesundheitsschutzes, die Stärkung der Aufklärung und Prävention, die Eindämmung des illegalen Marktes für Cannabis sowie die Verbesserung des Kinder- und Jugendschutzes. Das Gesetz soll auch zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit Cannabis beitragen.
Diese Änderungen stellen einen signifikanten Wandel in der deutschen Drogenpolitik dar und zielen darauf ab, den Schwarzmarkt einzudämmen, die Gesundheitsrisiken zu mindern und den Zugang zu sicherem Cannabis zu verbessern.
Durch Artikel 12 des Cannabisgesetzes (CanG) ergeben sich Änderungen im Strafgesetzbuch (StGB), die ab dem 1. April 2024 wirksam werden. Konkret werden Anpassungen in den Paragraphen § 76a, § 145d und § 164 vorgenommen. Hier ein Überblick über die wesentlichen Änderungen:
- Zu § 76a StGB: Es werden zwei neue Nummern (6a und 6b) eingefügt, die Straftaten im Zusammenhang mit dem Konsumcannabisgesetz und dem Medizinal-Cannabisgesetz unter bestimmten Voraussetzungen betreffen. Dies bezieht sich auf Straftaten, die in § 34 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 oder Nummer 4 des Konsumcannabisgesetzes und in § 25 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 oder Nummer 4 des Medizinal-Cannabisgesetzes genannt sind.
- Zu § 145d StGB: Dieser Paragraph wird um die Straftatbestände erweitert, die sich aus dem Konsumcannabisgesetz und dem Medizinal-Cannabisgesetz ergeben. Die Wörter im Zusammenhang mit dem Betäubungsmittelgesetz und dem Anti-Doping-Gesetz werden ergänzt um Verweise auf entsprechende Paragraphen im Konsumcannabisgesetz und im Medizinal-Cannabisgesetz.
- Zu § 164 StGB: Auch hier erfolgt eine ähnliche Erweiterung wie in § 145d, indem Verweise auf das Konsumcannabisgesetz und das Medizinal-Cannabisgesetz hinzugefügt werden, die neben den bestehenden Verweisen auf das Betäubungsmittelgesetz und das Anti-Doping-Gesetz stehen.
Diese Änderungen spiegeln die Integration der neuen rechtlichen Rahmenbedingungen wider, die durch das Cannabisgesetz geschaffen wurden, insbesondere im Hinblick auf den legalen Konsum und den medizinischen Einsatz von Cannabis. Das Gesetz selbst führt unter anderem den privaten Eigenanbau von Cannabis für Erwachsene zum Eigenkonsum sowie den gemeinschaftlichen, nicht-gewerblichen Eigenanbau von Cannabis in Anbauvereinigungen ein.
Auch das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) erhält durch das Cannabisgesetz (CanG) eine Änderung in Form eines neuen Artikels 316p. Diese Änderung tritt mit der Einführung des Cannabisgesetzes in Kraft. Artikel 316p im Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) regelt die Anwendung von Strafen im Zusammenhang mit Cannabisdelikten nach dem Betäubungsmittelgesetz, die vor dem 1. April 2024 verhängt wurden. Wenn diese Delikte nach dem neuen Konsumcannabisgesetz oder Medizinal-Cannabisgesetz nicht mehr strafbar sind oder nicht mit einer Geldbuße belegt werden, soll Artikel 313 EGStGB entsprechend angewendet werden. Artikel 313 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) besagt, dass rechtskräftig verhängte Strafen für Taten, die nach neuem Recht nicht mehr strafbar sind oder nicht mit einer Geldbuße bedroht sind, mit dem Inkrafttreten des neuen Rechts erlassen werden, sofern sie noch nicht vollstreckt wurden. Dies umfasst auch Nebenstrafen und Nebenfolgen.
Mit der Einführung des Cannabisgesetzes (CanG) wurden auch Änderungen in der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) vorgenommen, die seit dem 1. April 2024 gelten. Diese Änderungen zielen darauf ab, den Umgang mit Cannabiskonsum im Zusammenhang mit der Fahreignung neu zu regeln. Im Wesentlichen umfassen diese Änderungen folgende Punkte:
**Einführung des § 13a in die FeV**: Dieser neue Abschnitt befasst sich spezifisch mit der Klärung von Eignungszweifeln bei einer Cannabisproblematik. Er legt fest, unter welchen Umständen ein ärztliches oder ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Beurteilung der Fahreignung eines Cannabiskonsumenten eingefordert werden kann. Dies betrifft Fälle von Cannabisabhängigkeit, Cannabismissbrauch oder wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss.
**Aufhebung des § 14 Absatz 1 Satz 3 FeV**: Diese Änderung zielt darauf ab, die regulatorischen Vorgaben im Hinblick auf den Umgang mit Cannabiskonsum und Fahreignung zu aktualisieren.
**Anpassungen in den Anlagen 4 und 4a**: Diese Anpassungen spezifizieren die Bedingungen, unter denen Cannabiskonsum als Missbrauch oder Abhängigkeit angesehen wird und wie diese Zustände die Fahreignung beeinflussen. Wichtig ist hier die Neubewertung der Eignung nach Beendigung des Missbrauchs oder der Abhängigkeit und unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der Wiedererlangung der Fahreignung.
Trotz dieser gesetzlichen Änderungen bleiben grundlegende Bedenken bestehen. Es wird darauf hingewiesen, dass selbst bei gelegentlichem Konsum von Cannabis die Fahrerlaubnisbehörde Eignungszweifel haben und im schlimmsten Fall die Fahrerlaubnis entziehen kann. Die Teillegalisierung des Cannabiskonsums hat somit zunächst keine signifikanten Änderungen in Bezug auf die Fahrerlaubniseignung mit sich gebracht. Fahrerlaubnisinhaber, die Cannabis konsumieren, müssen weiterhin mit den bestehenden Regulierungen zur Fahrerlaubnis und der Praxis der Überprüfung, einschließlich der gefürchteten medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU), rechnen. Die Diskussionen um eine mögliche Anpassung der Grenzwerte im Ordnungswidrigkeitenrecht und eine flexiblere Handhabung der Abstinenzforderungen bleiben aktuell (weiterführend: https://mpu-schlich-bonn.de/cannabisgesetz-canng-entkriminalisierung-und-fuehrerschein/).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Änderungen in der Fahrerlaubnis-Verordnung durch das Cannabisgesetz den rechtlichen Rahmen für den Umgang mit Cannabiskonsum und Fahreignung modernisieren, jedoch die praktischen Herausforderungen für Cannabiskonsumenten hinsichtlich der Fahreignung weitgehend bestehen bleiben.
§ 13a Klärung von Eignungszweifeln bei Cannabisproblematik
Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass
- Ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme von Cannabisabhängigkeit begründen, oder
- Ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn
- a) nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Cannabisabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Cannabismissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Cannabismissbrauch begründen,
- b) wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss begangen wurden,
- c) die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a und b genannten Gründen entzogen war oder
- d) sonst zu klären ist, ob Cannabismissbrauch oder Cannabisabhängigkeit nicht mehr besteht.
§ 14 Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmitteln und Arzneimittel
(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass
- Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11. Mai 2011 (BGBl. I S. 821) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen,
- Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder
- missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen
vorliegt. Die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.
(2) Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn
- die Fahrerlaubnis aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe durch die Fahrerlaubnisbehörde oder ein Gericht entzogen war,
- zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder – ohne abhängig zu sein – weiterhin die in Absatz 1 genannten Mittel oder Stoffe einnimmt, oder
- wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. § 13 Nummer 2 Buchstabe b bleibt unberührt.
Das neue Cannabisgesetz tritt am 01.04.2024 in Kraft. Die darin beschlossenen Änderungen sind vor allem interessant vor dem Hintergrund strafrechtlicher Sachverhalte. Nicht vergessen werden dabei sollte aber auch der Umstand, dass strafrechtliche Verurteilungen auch aufenthaltsrechtlich Relevanz haben.
Diese strafrechtlichen Anknüpfungspunkte im Aufenthaltsgesetz, sowie der Umgang damit, soll hier kurz dargestellt werden.
I. Strafrechtliche Anknüpfungspunkte im AufenthG
1. Regelerteilungsvoraussetzung – „kein Ausweisungsinteresse“ – § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG
§ 5 AufenthG regelt die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen für Aufenthaltstitel. Das heißt, dass die Voraussetzungen des § 5 AufenthG grundsätzlich bei jeder Erteilung eines Aufenthaltstitels geprüft werden müssen, unabhängig ob es Aufenthaltstitel zu Ausbildungs-, zu Arbeits- oder anderen Zwecken im Raum steht.
Eine Voraussetzung, die § 5 AufenthG vorgibt, ist das fehlen eines Ausweisungsinteresses. Ein Aufenthaltstitel darf demnach nur erteilt werden, wenn kein Ausweisungsinteresse vorliegt, § 5 Abs. 1 Nr. 2. Das Ausweisungsinteresse ist dabei von einer Ausweisungsverfügung vorliegt. Das Ausweisungsinteresse setzt schon vorher an: Wenn ein Ausweisungsinteresse durch die Ausländerbehörde bejaht wird, kann die Erteilung eines Aufenthaltstitels versagt werden, unabhängig davon, ob eine Ausweisungsverfügung rechtmäßig wäre oder nicht.
Bei der Frage, ob ein Ausweisungsinteresse vorliegt oder nicht, werden dennoch das Vorliegen der Katalogtaten des § 54 AufenthG geprüft.
§ 54 AufenthG knüpft an zwei Stellen ausdrücklich an das Betäubungsmittelgesetz an:
- § 54 Abs. 1 Nr. 1b) AufenthG: Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen einer Straftat nach dem BtMG von mindestens einem Jahr.
- § 54 Abs. 2 Nr. 3) AufenthG: Verwirklichung des Tatbestandes des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG als Täter oder Teilnehmer.
Während erwartbar ist, dass sich hinsichtlich § 54 Abs. 1 Nr. 1b) AufenthG keine große Änderung durch die Neuregelung des erlaubten Cannabisgesetzes geschaffen wurde, kann dies bei § 54 Abs. 2 Nr. 3) AufenthG bereits anders sein, da Täter nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG bereits sein kann, wer Betäubungsmittel unerlaubt erwirbt oder sich auf andere Weise verschafft.
Nicht vergessen werden darf ebenfalls der Auffangtatbestand des § 54 Abs. 2 Nr. 10 AufenthG: Ein Ausweisungsinteresse kann bereits dann begründet werden, wenn man „einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen“ begangen hat. Bei der Beurteilung, was ein nicht nur geringfügiger Verstoß gegen Rechtsvorschriften ist, besteht ein erheblicher Spielraum. Auch Ordnungswidrigkeiten könnten theoretisch hierunter fallen. Das heißt nicht, dass Personen, die Ordnungswidrigkeiten keinen Aufenthaltstitel erhalten werden. Aber es soll verdeutlichen, dass bereits „kleinere“ Verurteilungen wegen bisher unerlaubtem Cannabis hierunter fallen könnten.
Unter all diesen Gesichtspunkten könnten also Straftaten im Zusammenhang mit bisher unerlaubtem Cannabisbesitz zu Problemen bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln führen.
2. Ausbildungsduldung und Folgeaufenthaltstitel sowie Chancenaufenthalt
Die Ausbildungsduldung ermöglicht das Absolvieren einer anerkannten Berufsausbildung. Während man im Besitz einer Ausbildungsduldung ist, darf man nicht abgeschoben werden. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung, besteht die Möglichkeit des sog. Spurwechsels. D. h., dass man nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung im Rahmen der Ausbildungsduldung in einen Aufenthaltstitel nach § 19d AufenthG wechseln darf, § 19 Abs. 1a AufenthG.
Voraussetzung bereits für die Erteilung der Ausbildungsduldung ist, dass die Voraussetzungen des § 19d Abs. 1 Nr. 7 AufenthG vorliegen, vgl. § 60c Abs. 2 Nr. 4 AufenthG. Bereits für die Erteilung der Ausbildungsduldung, aber ebenso für den daran anschließenden Aufenthaltstitel nach § 19d AufenthG, darf man keine Verurteilungen aufweisen, die eine Gesamthöhe von 50 Tagessätzen übersteigen. Sofern Verurteilungen nach dem AufenthG oder AsylG, die nur von Ausländern begangen werden können, gilt hier eine Grenze von 90 Tagessätzen. Mit diesen Anforderungen wird das Ausweisungsinteresse aus § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG spezifiziert.
Es kann also zu fällen kommen, in denen Personen wegen einer anderen Straftat bereits eine Verurteilung von einigen Tagessätzen haben. Wenn dann noch eine Verurteilung wegen bisher unerlaubten Cannabisbesitzes dazukommt, kann es sein, dass die Regelgrenze von 50 Tagessätzen überschritten wurde.
Dieselbe Regelung, d. h. der Ausschluss der Erteilung des Aufenthaltstitels bei mehr als 50 Tagessätzen bzw. 90 Tagessätzen gilt auch für die Erteilung des sog. Chancenaufenthalts nach § 104c AufenthG.
II. Umgang mit Strafverfahren wegen bisher unerlaubtem Cannabisgesetz
Wenn Personen also Verurteilt wurden in Zusammenhang mit bisher unerlaubtem Cannabisbesitz und dies zu Problemen bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln oder Ausbildungsduldungen führt, sollte prüfen, ob die neuen Vorschriften des Cannabisgesetz über die Tilgungen bisheriger Eintragungen Anwendbar sind.
Gem. § 40 KCanG sind Eintragungen im Bundeszentralregister (BZR) aufgrund von Verurteilungen nach § 29 BtMG die nach dem neuen Recht nicht mehr strafbar sind oder für die nach dem neuen Recht nur noch eine Geldbuße (gegebenenfalls auch in Verbindung mit einer Nebenfolge) vorgesehen ist, tilgungsfähig.
Ein Antrag auf Feststellung der Tilgungsfähigkeit ist bei der Staatsanwaltschaft zu stellen, § 41 Abs. 1 KCanG. Gem. § 42 KCanG erstellt die Staatsanwaltschaft einen Bescheid über die Tilgungsfähigkeit. Kommt die Staatsanwaltschaft zum Schluss, dass die Eintragung nicht tilgungsfähig ist, wird ein begründeter Bescheid erstellt, § 42 Abs. 1 S. 2 KCanG. Sofern ein solcher Bescheid erstellt wird, ist es ratsam sich dazu anwaltliche Beratung einzuholen. Wenn die Staatsanwaltschaft die Tilgungsfähigkeit feststellt, muss sie dies der Registerbehörde und der antragstellenden Person mitzuteilen, § 42 Abs. 1 S. 1 KCanG. Nach Mitteilung ist die Eintragung durch die Registerbehörde zu tilgen, § 42 Abs. 2 KCanG.
Sobald eine Eintragung zu tilgen ist, darf diese Eintragung nicht mehr zum Nachteil einer Person verwertet werden, § 51 Abs. 1 BZRG.
Sollte Personen wegen des Umgangs mit Cannabis verurteilt wurden, sollte in jedem Fall geprüft werden, ob das verurteilte Verhalten weiterhin strafbar ist, oder nur noch mit Geldbuße bestraft ist. Wenn dies bejaht werden kann, sollte ein entsprechender Antrag bei der Staatsanwaltschaft gestellt werden. Das betrifft grundsätzlich alle Personen, unabhängig Ihrer Herkunft.
Personen, die dem Anwendungsbereich des AufenthG unterfallen, sollten umso mehr prüfen, ob bei Ihnen entsprechende Verurteilungen vorliegen. Da der Antrag auf Tilgungsfähigkeit grundsätzlich von der Person selbst zu stellen ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass Ausländerbehörden selbstständig prüfen, ob eine alte Verurteilung noch entgegengehalten werden darf.
Bei noch laufenden Verfahren sollte es zu keinen Verurteilungen mehr kommen. In Zweifelsfällen sollte zwingend anwaltlicher Rat eingeholt werden.
Christoph Köhler
Rechtsanwalt
